Vorbereitung auf die Räumung

emotional psychologischer Leitfaden (nach unten scrollen)

+++ Passt aufeinander auf +++

Rodung, Räumung und der damit einhergehende Stress sind belastend und können Tag für Tag größer werden.
Bei all dem gilt mehr denn je: Passt aufeinander auf und seid solidarisch!
Dazu gehört auch patriarchales und Macker-Verhalten zu reflektieren, denn sowohl Care- als auch Reproarbeit bleibt überdurchschnittlich oft bei FLINTA*s und achtsameren Menschen hängen.

Auch wir versuchen das im Blick zu haben.
Zudem versuchen wir möglichst gute Supportstrukturen, wie Gesa-Support und Out oft Action zu stellen. (Strukturen, die Aktivist*innen nachdem sie in der Gefangenensammelstelle oder in Aktion waren in Empfang nehmen und Raum zum erholen geben.)

psychische Vorbereitungen auf eine Räumung:
emotional/ psychologischer Leitbogen von raz-ev:

  • Stelle dir folgende Fragen: “Wie geht es mir heute?” “Weiß ich jetzt schon, wie weit ich mich in den Protest einbringen möchte?” “Brauche ich noch etwas, um mich vorbereitet für den Protest zu fühlen?”
  • Gib dir Wahlmöglichkeiten – „Du entscheidest, wie weit Du gehen willst.“; das stärkt dein Gefühl von Selbstbefähigung. Sprecht auch gerne in Euer Bezugsgruppe über euer Aktionslevel und euer Energielevel ab, damit Ihr bei Entscheidungen nicht alleine seid.
  • Informiere dich über deine Rechte und die Rechte anderer Demonstrant*innen, ABER rechne mit polizeilicher Willkür
  • Halte dich an gewaltfreie Kommunikation.
  • Trage Kleidung, in der du dich wohl fühlst (deine Lieblingsprotestklamotten) und die dir im besten Fall auch Schutz bietet (z.B. stabile Schuhe u. langärmliges Oberteil).
  • Habe eine Bezugsgruppe, mit der du an der Demonstration gemeinsam teilnimmst. Sprecht gerne vor dem Protest miteinander:  Was ist wichtig voneinander zu wissen? Habt ihr Allergien oder Medikamente, die ihr nehmt? Hilft Euch etwas bestimmtes in Stresssituationen wie zum Beispiel Körperkontakt, eine Umarmung, die Hand halten, den Kopf streicheln…? Gibt es Dinge die ihr gar nicht mögt, zum Beispiel lautes Rufen oder vielleicht Berührungen? Wie könnt ihr füreinander dasein und füreinander mitdenken?
  • Sorge schon im Voraus gut für dich, stärke deine Kraft und Ruhequellen. Bereite dich schon vor der Demo auf das Danach vor.
    • Welche Personen und Orte tun Dir gut und geben dir Sicherheit (z.B. auch die Bezugsgruppe)
    • Was kannst du selbst dir Gutes tun, z.B. Musik, Düfte, Lieblingsessen /-getränk, wohltuende Beschäftigung, Sport
    • Bewegung baut Stress ab und kann helfen, dem Gefühl der Ohnmacht etwas entgegenzusetzen, welches in herausfordernden Situationen entstehen kann
    • Vielleicht kannst du meditieren oder eine Imaginationsübung machen, z.B. innerer Wohlfühlort oder Position of Power – hierbei geht es darum, dass Du versuchst eine Situation zu erinnern, in der du dich kraftvoll und gut fühlt hast. Eine rein positive Situation! Die Erinnerung kann schon lange zurück liegen, das ist okay. Versuche die Situation so genau zu erinnern wie möglich, mit allen Sinnen. Wo warst du? Was hast du gemacht? Was hast du in der Situation gefühlt? Was hast du gesehen, gehört, gerochen oder geschmeckt? Versuch dein Gefühl, das du in dieser Situation hattest, wieder lebendig werden zu lassen, es wahrzunehmen. Fokussiere dich auf dieses Gefühl kraftvoll, entspannt und wohltuend. Wenn Du ein Foto von diesem Ort/der Situation oder ein Erinnerungsstück hast, das in die Hosentasche passt, kannst du es mitnehmen, um dich leichter an deinen Kraftort zu erinnern.


Hier eine Vorbereitungsempfehlung vom Kollektiv Emotionale Antirepression:
https://antirrr.nirgendwo.info/publikationen/emotionale-antirepression/

Emotionale Antirepression

In unserem Kampf für Klimagerechtigkeit sind wir manchmal ganz schön viel Repression ausgesetzt, Polizeigewalt durch Schläge, Pfefferspray oder Schmerzgriffe, Schikanen in der Gesa (Gefangenensammelstelle auf der Polizeiwache), der Furcht identifiziert zu werden, dem Druck von Strafverfahren, der Ohnmacht in Gerichten, der Hilflosigkeit wenn wir oder Freund*innen im Knast landen oder auch der Angst um unsere jetzigen oder zukünftigen Jobs. All das trifft uns alle unterschiedlich, aber nicht nur physisch, sondern ganz oft auch emotional und es ist normal, das nicht einfach alles wegstecken zu können. Deshalb hier im Schwerpunkt ein paar Anregungen zum Umgang mit Erlebten und Zukünftigem.

Was hilft mir?

Fangen wir bei uns selbst an. Jede*r reagiert anders auf stressige Situationen und hat andere Wege damit klar zu kommen. Auf der Polizeiwache hilft es manchem Menschen, sich in sich selbst zurück zu ziehen, anderen geht es besser, wenn sie sich bei jeder Gelegenheit mit den Bullen anlegen oder was zum Lachen finden. Oft ist es hilfreich, sich selbst kennen zu lernen und Überlebensstrategien für sich zu entwickeln. Das gilt für Situationen selbst und auch die Tage danach: Manche brauchen viele Freund*innen um sich, manche Ruhe, manche ein Tee oder ein Bier, manchmal hilft es Sachen aufzuschreiben oder zu erzählen, sich beim Sport auszupowern oder sich abzulenken.

Bezugsgruppe

In Aktionen und gemeinsamen Erlebnissen lernen wir uns oft ganz anders und intensiver kennen, oft haben wir Bezugsgruppen um aufeinander aufzupassen in der Aktion. Manchmal sind unsere Bezugsgruppen auch die Einzigen, die uns verstehen oder auch die einzigen, mit denen wir über bestimmte Sachen überhaupt reden können, weil niemand sonst davon erfahren darf. Es gibt daher gute Erfahrungen damit, sich vor Aktionen in Bezugsgruppen gemeinsam auszutauschen, über Ängste und Bedürfnisse und sich auch danach, auch mit ein paar Tagen Abstand noch mal zu treffen um über Erlebtes zu reden, gerade wenn es schlimm war.

Out of Action

Wenn ihr mit etwas nicht allein oder mit eurer Bezugsgruppe klar kommt, gibt es auch „Out of Action“, eine Gruppe, die sich gegründet hat um bei emotionalem Stress bis Traumata zu unterstützen. In ihrem Selbstverständnis heißt es: „Über die Traumatisierung Einzelner soll allgemein von politischem Widerstand abgeschreckt werden, indem ein Gefühl von Handlungsunfähigkeit und Ohnmacht gegenüber staatlicher Herrschaft erzeugt wird. Die Betroffenen ziehen sich häufig aus der Bewegung und auch aus ihrem persönlichen Umfeld zurück, wenn sie keine Unterstützung bei der Bewältigung des Erlebten erhalten.

Die Emotionale Erste Hilfe-Gruppe Out of Action kämpft gegen diese Effekte von Gewalt und Repression und für einen offenen, solidarischen Umgang miteinander.“ Out of Action ist eine Gruppe von Aktivist*innen für Aktivist*innen.

Kontakte zu den verschiedenen Ortsgruppen findet ihr hier: https://outofaction.blackblogs.org/

Psychologists for future

In den Gruppen der Psy4Future (also wie fridays for future) haben sich Psycholog*innen/Psychater*innen/Psychotherapeut*innen zum Kampf fürs Klima zusammengeschlossen. Mancherorts bieten Einzelpersonen von ihnen auch Beratung und Gespräche für Aktivist*innen an. Sie haben selbst unterschiedlich viel Aktivisti-Erfahrung.

Weitere Möglichkeiten

Wer eine Auszeit braucht, kann sich auch an das Projekt „Zähne putzen“ wenden, dort werden Orte zur Erholung und zum Reflektieren vermittelt, zum Beispiel in Ökodörfern oder Kommunen. https://aktivisti-retreat.org/

Seit einigen Jahren gibt es auch Aktivist*innen, die mit dem Konzept der Radikalen Therapie arbeiten und dieses für nomadisch aktivistisch lebende Menschen angepasst haben. Radikale Therapie ist eine selbstorganisierte Gruppentherapie in der ohne Therapeuti gearbeitet wird. Demnächst soll eine neue Gruppe gestartet werden. Interessierte können sich an nomadisches_rt@rumpelwicht.net wenden. Allgemeine Infos zur Methodik unter: https://www.radikale-therapie.de/de/

Nicht noch Repression untereinander

Und zum Schluss noch ein bisschen was in eigener Sache. Wir machen alle Fehler. Gerade wenn wir dem Druck von staatlichen Repressionsapparaten ausgesetzt sind ist es nicht immer leicht, den Kopf nicht in den Sand zu stecken oder nachzugeben. Wir haben auch schon davon gehört, dass Menschen Angst hatten sich an Antirepressionsgruppen zu wenden, weil sie Sachen „falsch“ gemacht haben. Bitte macht euch den Stress nicht, wir wollen keine zusätzliche Repressionsstruktur sein. Wendet euch trotzdem an Antirepressionsgruppen, denn auch mit Fehlern oder nicht optimal gelaufenen Sachen lässt sich besser ein solidarischer Umgang finden, wenn wir drüber reden! Deshalb lasst uns nicht hart zueinander sein.

Literaturtipps